Capillary Refill refers to a medical procedure that tests the relative health of a patient’s circulatory system. The soft tissues of the fingertips or toes are pressed until they blanch and the time that it takes for blood to return, restoring colour, is measured in order to diagnose potential respiratory or circulatory dysfunction.The exhibition presents two series of works that Sidner developed in parallel over the past two years. Opulent blown glass and cast bronze sculptures hover throughout the space framed by a group of geometric drawings that span from the floor to the ceiling of the gallery space. Evoking anatomical forms, the works betray an occupation with the body, its organs, notions of circulation, health and mental states, particularly in respect to states of crisis that the pandemic has brought into sharp relief.
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Produced in the Czech Republic by artisans using centuries-old Bohemian glass techniques, the hanging sculptures bring together an abundance of succulent and pneumatic forms. Constellations of visual motifs and abstract shapes are held together in delicate suspension from lost mould cast armatures, a process whereby the original sculptures, made of wicker, are entirely incinerated. While it is difficult to discern any specific references, the works generate an array of visual associations, ranging from cartoon animation to reliquaries, not to mention Venetian chandeliers (a comparison that is perhaps not merely superficial given their common Bohemian influences). The thematization of air and a logic of circulation unite these works, with their interconnected blown-glass vessels, representing human, vegetal and animal forms. Permeable and grotesque, they give rise to thoughts of bodily fragility, not to mention environmental and social anxieties, which the fish-out-of-water so obviously emblematises. Such a literal reading, however, would ignore their irrepressible buoyancy. Thoughts of dreary, mundane reality evaporate off their gleaming, artificial surfaces, giving way to a feeling of stilted optimism and evoking chimeras of a glittering social life.While the sculptures operate in the realm of artificiality and figuration, Sidner’s drawings seem to signify in a rather opposite direction, bringing to mind a sense of inner space. Composed of sinuous, fractal forms, rendered in charcoal and oil, the works evoke a sense of organic wholeness in their symmetry, while their exuberant artificiality keeps esoteric associations at a comfortable distance. The works are composed of many layers, developed gradually over time. At close proximity, their slightly larger than human scale engulfs viewers, while from a distance, they appear as trompe l’oeil portals. Emerging from an associative, bordering on automatic drawing process (“begun as doodles without any particular reference point,” according to Sidner), the works conjure associations with bodily interiors and passages, bones, ligaments as well as botanical forms. In this libidinal confusion, further heightened by their illusive, optical qualities, the work blurs notions of physical and psychic states.Text: Eric Bell
Unter Rekapillarisierung (engl. Capillary Refill) wird eine medizinische Methode zur Einschätzung der Gesundheit des Kreislaufsystems von Patient:innen verstanden. Dabei wird leichter Druck auf das weiche Gewebe der Finger- oder Zehenspitzen ausgeübt, bis sie erbleichen. Die Dauer des Zurückströmens des Blutes und die damit einhergehende Wiederherstellung der Farbe des Gewebes ist maßgebend, um eine potentielle Durchblutungs- oder Atemwegsstörung zu diagnostizieren.
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Die Ausstellung Capillary Refill vereint zwei Werkserien, die Sidner in den vergangenen zwei Jahren parallel zueinander entwickelt hat. Opulentes geblasenes Glas und gegossene Bronzeskulpturen schweben durch den Raum, gerahmt von einer Gruppe geometrischer Zeichnungen, die sich vom Boden bis zur Decke des Galerieraums erstrecken. Die Werke evozieren anatomische Formen und zeugen von einer Beschäftigung mit dem Körper, dessen Organen, Zirkulationsbegriffen, Gesundheit und mentaler Zustände, insbesondere hinsichtlich der Krisensituationen, die durch die Pandemie besonders deutlich wurden.Die hängenden Skulpturen sind von Kunsthandwerker:innen nach jahrhundertealter böhmischer Glastechnik in der Tschechischen Republik hergestellt und kreieren eine Fülle sukkulenter und pneumatischer Formen. Konstellationen visueller Motive und abstrakter Formen werden von zarten Aufhängungen aus Bronze zusammengehalten. Beim Herstellungsprozess werden die originalen, aus Korbgeflecht hergestellten Skulpturen gänzlich verbrannt. Obwohl es schwierig scheint, spezifische Referenzen auszumachen, erwecken die Arbeiten eine Reihe visueller Assoziationen, die von Zeichentrickfilmen zu Reliquiaren bis hin zu venezianischen Kronleuchtern reichen (ein Vergleich, der vielleicht nicht ausschließlich oberflächlich, sondern angesichts ihrer Gemeinsamkeiten mit böhmischen Einflüssen, doch gerechtfertigt ist). Die Thematik der Luft und die Logik der Zirkulation, vereinen die Werke mit ihren Glas-geblasenen Gefäßen, die menschliche, pflanzliche und tierische Formen repräsentieren. Ihre durchlässigen und grotesken Eigenschaften rufen Erinnerungen körperlicher Fragilität und nicht zuletzt ökologischer und gesellschaftlicher Ängste hervor, die der „Fisch auf dem Trockenen“ so augenscheinlich versinnbildlicht. Eine derart wörtliche Auffassung würde ihren unbändigen Antrieb jedoch vernachlässigen. Gedanken an die trostlose, mondäne Realität evaporieren von den glänzenden, künstlichen Oberflächen, lassen ein Gefühl von gekünsteltem Optimismus aufkommen und evozieren Hirngespinste eines schillernden Soziallebens.Während sich die Skulpturen in der Sphäre der Künstlichkeit und Figuration bewegen, scheinen Sidners Zeichnungen eher in die gegensätzliche Richtung zu zielen und so auf eine Art Innenraum anzuspielen. Die gewundenen, fraktalen Formen der Werke aus Kohle und Öl, vermitteln durch ihre Symmetrie eine Art organisches Ganzes, doch ihre üppige Künstlichkeit hält esoterische Assoziationen auf sicherer Distanz. Die Zeichnungen setzen sich aus mehreren, über die Zeit geschaffenen Schichten zusammen. Aus der Nähe betrachtet, verschlingen sie die Betrachter:innen durch ihre leicht übermenschliche Dimension, während sie aus der Ferne wie trompe-l‘œil Portale wirken. Die Arbeiten entstehen in einem assoziativen, an automatische Zeichnungen grenzenden Prozess (laut Sidner „ein Kritzeln ohne besonderen Referenzpunkt“) und beschwören Assoziationen körperlicher Innenleben, Passagen, Knochen, Bändern sowie botanischer Formen. In dieser libidinösen Verwirrung, die durch ihre täuschenden optischen Eigenschaften zusätzlich verstärkt werden, verschleiern die Werke schließlich die Vorstellung physischer und psychischer Zustände. Text: Eric Bell (übersetzt aus dem Englischen)