Deborah Schamoni marks the gallery’s tenth anniversary with Fleshing Out The Ghost, a group exhibition curated in collaboration with Nikola Dietrich.Works in the exhibition by Lotus L. Kang, Jumana Manna, and Anh Trần draw attention to multilayered, and ongoing constructions of gender, identity, and the sources of inequality. They document how processes of history and personal memory influence and act upon bodies and collective memory. Reflected in them are transformations within cultural narratives, particularly those that allow us to examine contradictory histories of gender, colonial legacies, and experiences of displacement. Each of the works on view – Lotus L. Kang’s photographic installation and objects, Jumana Manna’s sculptural pieces and collages, and Anh Trần’s paintings – emphasizes the sensitivity of material relative to the body and the forces that continue to shape and affect it.
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Multiple strips of exposed photographic film cascade from the ceiling to the floor. Sensitive and responsive to its surroundings, Kang’s work reacts to its environment much like the skin on bodies moving through the space does. Like a permeable membrane, it continues to absorb light and moisture over time, charting a series of ever-fluid moments.Baby rats cast in colored glass are positioned along the gallery’s interstitial spaces, at the junctures between walls and floors. A kind of liminal being turned figurative embodiment of migration, they are placed where the artist locates the mesoderm, the middle cellular layer during embryonic development; there is an impulse to transpose those inner layers to the spatial structures of the gallery. Made from grains of sand, they remind us that glass can also act as a vessel, it can serve as a carrier of inherited memories.Jumana Manna’s torso-sized ceramic objects relate to bodies and infrastructures with surfaces and skins in shades of eggshell and coral. The sculpture, Ghost ii (2023) from the Cache Series exudes an air of childlike playfulness. Its abstract form, with dentine legs, rounded edges, and a hollowed body, draws from a once common structure for grain storage in rural houses across the Levant. Built into homes, the “khabya” – which means “the thing that hides” in Arabic – would preserve the annual grain harvest for family and communal consumption. With the advent of refrigeration and state-centralized grain silos, khabyas became obsolete and can now occasionally be found in the remnants of village structures; an architectural ghost of a ruptured relationship to the land.Extra (2021), the second tubular sculpture, refers to forms that serve as extensions of our own bodies, specifically water or sewage pipes, typically underground or behind walls. Amalgamating limbs, pipe units, and archaeological finds, the ‘limb-pipe’ emphasizes the overlapping relations of infrastructural maintenance and care that remain unnoticed until their moment of collapse.Continuing the theme of land and hygiene systems, Manna’s Cleaning Collages are made from cut-outs of chemical cleaning product stickers. Meticulously composed, they play with classical western painting genres of still life and landscape; replacing the ideal with an impoverished fantasy copy of generic pastoral non-places.Anh Trần’s paintings find the artist co-mingling various techniques of color- and paint application, drawing on a variety of historical references that bridge traditional Eastern painting and post-war Western painting and how they intersect with both her own history and that of Vietnam. The personal aspect is conveyed both textually and physically onto the canvas; like the (macho, male-dominated) painters of American Abstract Expressionism, Trần’s working process unfolds on the floor or against the wall, shifting vertically and horizontally. It involves gestural movements guided by a push and pull principle, using rapid brushstrokes and deliberate marks made with spatulas, sprays, and fingers. However, a different kind of sensibility emerges, not only that of what might be called feminist appropriation, but of a body that is not yet solely encoded by Western norms. It comes with its own grammar and syntax. The results are “surreal” and ethereal-seeming colors, a palette that evokes a kind of tangible connection to other imaginative places and people.“It feels like you are not shaking the ghost off but inviting them in for a more extended conversation that seems to collapse time and mirror the part of your interior world that imagined yourself in the interior of the ritual.” (1)Text: Nikola Dietrich (translated from German)1) From a conversation between CAConrad and Lotus Laurie Kang in: In Cascades, Lotus Laurie Kang, Hurtwood Press Ltd, July 2023
Zum zehnjährigen Galeriejubiläum zeigt Deborah Schamoni die Gruppenausstellung Fleshing Out The Ghost, die in Zusammenarbeit mit Nikola Dietrich kuratiert wurde.Die Werke der Ausstellung von Lotus L. Kang, Jumana Manna und Anh Trần lenken unsere Aufmerksamkeit auf die komplexen und kontinuierlichen Konstruktionen von Geschlecht, Identität und Ursprünge von Ungleichheit. Sie verzeichnen, wie Prozesse von Geschichte und persönlicher Erinnerung auf Körper und kollektive Gedächtnisse einwirken. In ihnen spiegeln sich Transformationen innerhalb kultureller Narrative wider, die uns die gegensätzliche Geschichte von Geschlecht, kolonialem Erbe und Erfahrungen von Vertreibung betrachten lassen. Sowohl die Fotoinstallation und Objekte von Lotus L. Kang, die skulpturalen Arbeiten und Collagen von Jumana Manna, als auch die Malerei von Anh Trần betonen die Sensibilität des Materials in Bezug auf den Körper und die Kräfte, die ihn ständig formen.
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Mehrere Bahnen belichteten Fotofilms fallen kaskadenförmig von der Decke bis zum Boden. Empfindlich auf die Umgebung reagierend, nimmt Kangs Arbeit ihre direkte Umgebung auf, wie die Haut der sich durch den Raum bewegenden Körper. Gleich einer durchlässigen Membran, absorbiert sie im Laufe der Zeit weiterhin Licht und Feuchtigkeit, kartiert die ewig fluiden Momente.In farbiges Glas gegossene Rattenbabys liegen entlang der Schnittstellen der Räume der Galerie, an den Übergängen, zwischen Wand und Boden. Als eine Art Zwischenwesen, das zu einer Figur der Migration wurde, werden sie dort platziert, wo die Künstlerin das Mesoderm, die mittlere Zellschicht während der embryonalen Entwicklung, lokalisiert; ein Impuls, die inneren Schichten in die räumlichen Strukturen der Galerie zu transferieren. Aus Sandkörnern hergestellt, bringen sie uns zu Bewusstsein, dass auch Glas Träger vererbter Erinnerungen sein kann.Jumana Mannas Torso-große Keramikobjekte mit ihren eierschalen- und korallenfarbigen Oberflächen nehmen Bezug auf Körper und Infrastrukturen. Die Skulptur Ghost ii (Cache-Series) (2023) wirkt unbescholten; sobald man ihr jedoch nähertritt, erweckt sie den Anschein, als hätte sie etwas zu erzählen. Der fragile Eindruck entsteht vielleicht wegen der wackligen Zahnbeine, auf der sie ihre Balance gefunden hat. Ihre unkonkrete Gestalt, mit abgerundeten Ecken, einen Hohlkörper ausformend, erinnert an ein ehemals übliches Gefäß zur Getreidelagerung in ländlichen Häusern der Levante. Die „Khabya“, was auf Arabisch „das Ding, das versteckt“ bedeutet, diente der Aufbewahrung der jährlichen Getreideernte für den Familien- und Gemeinschaftsverbrauch. Mit dem Aufkommen der Kühlung und staatlich zentralisierter Silos wurden Khabyas obsolet und sind heute gelegentlich in den Überresten dörflicher Strukturen zu finden; ein architektonisches Gespenst einer zerrütteten Beziehung zum Land.Die zweite rohrartige Skulptur Extra (2021) beruft sich auf Formen, die als Erweiterung unserer Körper angesehen werden können – im Spezifischen auf Wasser- oder Abwasserversorgungen – normalerweise aber unter der Erde oder hinter Mauern verborgen sind. Sie ähnelt sowohl Körperteilen, infrastrukturellen Elementen als auch archäologischen Funden. Hier an die Oberfläche gebracht, wird das andernfalls Verborgene freigelegt.Mannas Collagen, die das Thema Land und Hygiensysteme weiterführen, bestehen aus sorgfältig ausgeschnittenen Aufklebern von chemischen Reinigungsmitteln. Akribisch komponiert, spielen sie mit den klassischen Genres der westlichen Stillleben- und Landschaftsmalerei, ersetzen jedoch das Ideal nur durch eine ärmliche Kopie idyllischer Nicht-Orte.In ihren Malereien verbindet Anh Trần verschiedene Techniken des Farb- und Malauftrags, begründet in einer Vielzahl historischer Bezüge, zwischen traditioneller östlicher Malerei und insbesondere der westlichen der Nachkriegszeit, und wie sich diese mit der eigenen Geschichte und der von Vietnam in Verbindung bringen ließe. Das Persönliche wird tatsächlich textlich und physisch auf der Leinwand ausgedrückt; der Arbeitsprozess – ähnlich den (Macho-)Malern des amerikanischen abstrakten Expressionismus – auf dem Boden oder an der Wand, vertikal oder horizontal, ausgelegt – geschieht gestisch, nach einem Push-und-Pull-Prinzip, mit schnellen Pinselstrichen und gesetzten Markierungen mit Spachtel, Spray, Finger. Allerdings wird hier eine andere Sensibilität sichtbar, nicht nur diejenige der vielleicht feministischen Aneignung, sondern eine des nicht allein westlich codierten Körpers, der eine andere Grammatik und Syntax mit sich bringt. So kommen eher „surreale“, unwirkliche Farben zum Einsatz, durch die eine Verbindung zu anderen vorstellbaren Orten und Menschen spürbar wird.„Und dann scheint es wirklich so, als ließe sich der Geist nicht abschütteln, sondern als würde er zu einem längeren Gespräch eingeladen werden, das die Zeit zu überlagern scheint und den Teil ihrer Innenwelten widerspiegelt.“ (1)Text: Nikola Dietrich¹ Übersetzt aus einem Gespräch zwischen CAConrad und Lotus Laurie Kang in: In Cascades, Lotus Laurie Kang, Hurtwood Press Ltd, Juli 2023