“Rise up, fall down / down to the ground for the world to see / oh what a lucrative trade it makes / down to a glass from a lip.” This tongue-in-cheek monologue of a doll, performed by Yong Xiang Li in the video Rise (all works exhibited made in 2023), sets the tone of the artist’s first solo show at Deborah Schamoni. As the starlet finishes applying their makeup and launches into a solo, we are suddenly reminded that the art world is not exempt from the hard-boiled rules of showbiz, and that the artist is, in some ways, not unlike a drag persona, a made-up doll.
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This affirmation of performance as an inevitable component of artist-hood could invite certain fantasies and cynicism; not in the case of Li, who seems committed to making his marks while playing by the rules. Throughout the exhibition Li constantly reminds us of the artist’s reflexivity through a series of gestures. A thin lad lies on a carpet with his eyes closed, but his apparent fatigue is belied by the tension of his hand, which holds a cat teaser (Meticulous Insolvency & a Siesta); a parade of donor figures make a sequence of hand signals as if extending offers, the meticulous alignment between the fingers and the surrounding frames drawing our attention away from the explicit meaning of the signs to reflect on the intractability of framing—and its inevitable entanglement with patronage (Parallel Support & Possess it in a Sleeve). Mixed into this intellectual game of hide-and-seek are drops of banality, like the loathsome but inevitable chore of tax filing, or the anticlimax of the artist’s melancholic crooning. Between rest and alert, subject and object, larger than life and mundane as life, Li secularizes the vanguardist myth of the artist-as-pop-idol and pledges allegiance to his craft at hand: the brush, the makeup, the frame. Playing tricks and telling the real story do not have to be mutually exclusive.The series of sculptural paintings in the main gallery takes on another set of false opposites: while facing the entrance with a unanimous style of generic abstraction, their image of pure uniformity is betrayed by the ornamental excesses on full display in the back. In Maritime Sunset and a Fashion Idea, the grainy texture of the back has even seeped through to the front of the woven bamboo veneer, like a mould contaminating its host. Meanwhile, in Intestinal Demonstration & Indulgence, the juxtaposition of a pristine, metaphysical landscape with a debased scene of carnal abandon dramatises the historical movement of a genre across high and low lines. Li rejects binarism as a framework of critique, looking instead to modernism’s porosity, to its already-existing, ‘messy’ undercurrents. Rather than resisting, disrupting and exploding the canon, he prefers to exercise a parasitical strategy of infection. Take for instance the aforementioned Maritime Sunset and a Fashion Idea: its inner surface features black calligraphic strokes, floating in a sea of deep blue, that upon closer examination reveal themselves to be inhabited islets brimming with life. By transferring and decelerating gestural abstraction (the ‘strokes of genius’) in a process borrowed from decorative design, Li claims craft as a conceptual tool—not to reconstruct an ethnographic identity, but to challenge, contaminate and rewrite hegemonic techniques and their underlying ideologies.For all the tricks up his sleeves, Yong Xiang Li is ultimately an artist of great seriousness and sincerity. It’s all real—as long as he doesn’t stop performing.Text: Alvin Li
„Erhebe dich, stürze hinab / hinab auf den Boden vor aller Augen / oh was für ein lukratives Geschäft / hinab ins Glas von einer Lippe.“ Dieser augenzwinkernde Monolog einer Puppe, performed von Yong Xiang Li in der Videoarbeit Rise (alle ausgestellten Werke von 2023), gibt den Ton der ersten Einzelausstellung des Künstlers in der Galerie vor. In dem Moment, da das Sternchen mit dem Schminken fertig wird und zu seinem Solo ansetzt, werden wir unvermittelt daran erinnert, dass auch die Kunstwelt nicht von den gandenlosen Regeln des Showbiz ausgenommen ist und durchaus Parallelen zwischen dem Künstler und einer Drag-Persona bestehen – einer herausgeputzten Puppe.
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Diese Affirmation des Performativen als unvermeidliche Komponente des Künstlerdaseins kann mitunter zu fragwürdigen Vorstellungen und Zynismus verleiten. Nicht so im Fall von Li, der sich zwar offenbar entschlossen hat, nach den Regeln zu spielen, allerdings nicht ohne dabei Zeichen in seiner ganz eigenen künstlerischen Handschrift zu hinterlassen. In der gesamten Ausstellung führt uns Li mittels einer Reihe von Gesten immer wieder die eigene Selbstreflexivität vor Augen: Ein hagerer Typ liegt mit geschlossenen Augen auf einem Teppich, doch seine augenscheinliche Ermattung wird durch seine angespannte, eine Katzenangel haltende Hand Lügen gestraft (Meticulous Insolvency & a Siesta); eine Parade von Stifterfiguren vollführt eine Abfolge von Handzeichen, wie zur Unterbreitung eines Angebots. Die akkurate Ausrichtung der Finger auf die umgebenden Rahmen lenkt unsere Aufmerksamkeit vom Erfassen der expliziten Bedeutung der Zeichen hin auf die Widerspenstigkeit der Rahmung – und deren inhärente Verstrickung mit dem Mäzenatentum (Parallel Support & Possess it in a Sleeve). In dieses intellektuelle Vexierspiel mischen sich Momente der Banalität, wie etwa das verabscheuungswürdige, aber unvermeidliche Ausfüllen der Steuererklärung oder der antiklimatische, melancholische Gesang des Künstlers. Zwischen Ruhe und Wachsamkeit, Subjekt und Objekt, zugleich überlebensgroß und profan wie das Leben, entzaubert Li den avantgardistischen Künstlermythos als Pop-Idol und bekennt sich zu seinem Handwerk: dem Pinsel, dem Make-up, dem Rahmen. Taschenspielertricks und das Erzählen einer wahren Geschichte schließen sich nicht unbedingt gegenseitig aus.Mit einer Serie skulpturaler Gemälde im Hauptraum der Galerie nimmt Li einen weiteren vermeintlichen Gegensatz aufs Korn: Während die Arbeiten gegenüber dem Eingang in einem einheitlichen Stil generischer Abstraktion gehalten sind, wird der dadurch hervorgerufene Eindruck völliger Gleichförmigkeit durch die auf der Rückseite zur Schau gestellten ornamentalen Exzesse zunichte gemacht. In Maritime Sunset and a Fashion Idea ist die körnige Textur der Rückseite gar auf die Vorderseite des gewebten Bambusfurniers durchgesickert, gleich einem Schimmelpilz, der seinen Wirt infiziert. Mit Intestinal Demonstration & Indulgence hingegen dramatisiert Li das historische Changieren eines Genres zwischen Hoch- und Tiefkultur durch die Gegenüberstellung einer unberührten, metaphysischen Landschaft mit einer verderbten Szene fleischlicher Hingabe. Li lehnt Durchlässigkeit der Moderne, ihre bereits vorhandenen, „chaotischen“ Unterströmungen. Anstatt sich dem Kanon zu entziehen, ihn zu unterwandern oder zu sprengen, wählt der Künstler eine parasitäre Infektionsstrategie. Da wäre beispielsweise die bereits erwähnte Arbeit Maritime Sunset and a Fashion Idea: In ihrem Zentrum treiben schwarze kalligrafische Striche auf einem tiefblauen Meer und entpuppen sich bei näherer Betrachtung als bewohnte, vor Leben übersprühende Inselchen.Durch den Transfer und die Entschleunigung der ‚Geniestreiche’ der gestischen Abstraktion in einem Verfahren, das dem dekorativen Design entlehnt ist, erhebt Li das Handwerk zu einem konzeptionellen Werkzeug – nicht um eine ethnografische Identität zu rekonstruieren, sondern um hegemoniale Techniken und die ihnen zugrunde liegenden Ideologien in Frage zu stellen, zu kontaminieren und umzuschreiben.Bei allen Taschenspielertricks ist Yong Xiang Li letztlich ein Künstler von großer Ernsthaftigkeit und Aufrichtigkeit. Es ist alles echt – solange er nicht aufhört, zu performen.Text: Alvin Li (übersetzt aus dem Englischen)